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Monika Fuchs

GASTGEBERIN & KÖCHIN

Text: Stevan Paul | Fotos: Sebastian Fuchs

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Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 55

„Alle paar Jahre brauche ich einen neuen Beruf, sonst wird mir langweilig“, antwortet Monika Fuchs auf meine Frage, wie sie da so reingerutscht sei, in ihr Leben als älteste kochende YouTuberin Deutschlands. Über 14.000 Fans folgen ihr allein auf Instagram, es gibt fast 200 Folgen ihrer erfolgreichen Online-Show „Terrassenküche“. Als sie im vergangenen Jahr in der Sendung „Kitchen Impossible“ gegen Tim ­Mälzer antritt, lernt ganz Deutschland sie kennen: Monika Fuchs kämpft und kocht sich leidenschaftlich durch die Herausforderungen, leidet dabei aber sichtlich: „Das war gemein. Du Wurst in Zellophan-Hülle, habe ich zu ihm gesagt, als der hier nach der Sendung ankam mit so ’nem Blumenstrauß und sich vor Zeugen entschuldigt hat!“ Monika Fuchs lacht, bei diesem Kochduell wurde sie die Siegerin der Herzen. Doch es steht eine weitaus größere Herausforderung an: Kurz nach dem Dreh diagnostizieren die Ärzte eine Krebserkrankung, aber Monika Fuchs steigt wieder in den Ring, kämpft sich durch vier Chemotherapien.

Im März dieses Jahres ist sie 84 Jahre alt geworden, den Krebs hat sie besiegt. Offen erzählt sie von dieser Erfahrung, das hat sie ihren Ärzten versprochen. Sie schenkt Kaffee ein, serviert eine göttliche Quiche, „mit Spitzkohl und Birne“. Wir sitzen in ihrer gekachelten Altbauküche, und ich erlebe genau jene Energie und Wärme, den spitzbübischen Charme und trockenen Witz, den ihre Fans lieben. Wo andere social-media-taugliche Imagepflege betreiben, ist Monika Fuchs ganz sie selbst, echt und geradeheraus.
„Hier sind alle gleich, wir sagen Du, ja?“ Hier, das ist die Altbauwohnung an der Isestraße, in der sie seit über 40 Jahren lebt. Vier Kinder hat sie in ihr großgezogen, deren Freunde, Pflegekinder und später auch die vielen Enkel bekocht: „… diese ganzen pickligen, schweißfüßigen Wesen. Da habe ich gelernt, für viele Leute zu kochen.“ Ins Berufsleben startete die gebürtige Hannoveranerin als ausgebildete Schneiderin: „Eigentlich wollte ich Modedesignerin werden, aber … Hannover kennst du?“ Sie lacht. „Ich habe mich dann rund um die ganze Welt genäht, um Geld zu verdienen.“ Die junge Frau spürt, sie muss raus und reisen, lebt zunächst in den USA. Zurück in Hannover lernt sie ihren Mann Roland Fuchs kennen, der als gefragter Küchenchef und F&B-Manager für Hotel-Neueröffnungen in aller Welt unterwegs ist. Sie begleitet ihn durch Südostasien, auf die Philippinen bis nach Neuseeland: „Ich bin ’ne Frau fürs Ausland, da pass’ ich hin. Ich habe das geliebt.“

Die Rückkehr nach Deutschland und in die Heimat ihres Mannes führt dann erst mal zur Ehekrise. 1976 geht Monika Fuchs nach Hamburg, arbeitet als Redakteurin in einem Fachverlag. „Hamburg war am weitesten weg, und ich habe die Stadt immer schon geliebt. Als kleines Kind schon, wenn wir auf dem Weg in den Urlaub nach Timmendorf durch Hamburg fuhren, hab’ ich gesagt: Hier will ich mal wohnen.“ Nach fünfjähriger Trennung rauft sich das Paar wieder zusammen. Sie haben gelernt, dass man auch gemeinsam eigenständig leben kann, und das tut Monika Fuchs.

Der Blick aus dem Büro auf eine Autowerkstatt frustriert die Redakteurin, die mittlerweile auch für Magazine wie „Brigitte“ und „Petra“ schreibt: „Ich sitze die schönsten Stunden am Tag in diesem stickigen Büro mit grauem Nadelfilz, ich muss hier raus.“ Zufällig lernt sie Edda Kramer kennen, die zu dieser Zeit einen frühen Foodtruck bewirtschaftet. „Edda’s Buffet“ bietet auch Catering für Filmproduktionen. Monika Fuchs findet das spannend und steigt kurzerhand mit ein. Sechs Jahre bleibt sie, lernt professionelles Kochen und die Branche kennen, übernimmt die Kundenansprache für ihre eher menschenscheue Chefin. Bald kennt man Monika Fuchs auch im Studio Hamburg, 16 Jahre lang kocht sie in Jenfeld für die Gäste und Teams von Reinhold Beckmann. Die Talkshow-Prominenz schaut gern auch bei ihr vorbei, Stammgäste wie Ranga Yogeshwar und Ben Becker fühlen sich in der Küche besonders wohl, Angela Merkel erinnert sie als ungemein nahbar und interessiert. „Meine Lieblingsfreundin war aber Loki Schmidt. Die kam immer rein zu mir in die Küche, setzte sich auf so einen Hochsitz, baumelte mit den Beinen und sagte immer, och, ich will lieber bei dir bleiben, ich möchte da jetzt nicht reingehen. Und dann hat sie mich immer auf die Wange geküsst. Niemand küsst so gut wie Loki Schmidt, das kann ich dir sagen. Er war ein alter Brummelbock, man musste ihn immer anschreien, Herr Altbundeskanzler, darf ich Ihnen noch einen Kaffee bringen? Weil er immer sein Hörgerät ausgemacht hat. Aber meine Zigaretten, die hat er mit Leidenschaft geraucht.“

2014 beendet Monika Fuchs ihr Engagement in den Studios, in dieser Zeit verschlechtert sich der Gesundheitszustand ihres Mannes, den sie bis zu seinem Tod 2017 pflegt. „Wir hatten echt noch mal ’ne fette Liebesgeschichte“, sie lächelt. „Und dann ist er ab und zu aus dem Bett gefallen, ein Zwei-Meter-Mann, keine Chance, den wieder aufzustellen, irrer Dramatiker auch. Und ich habe zu ihm gesagt, lass gut sein, ich serviere dir jetzt mal Frühstück auf dem Fußboden, bis die Johanniter kommen.“ Sie selbst ist zu diesem Zeitpunkt 76 Jahre alt, topfit, und sie spürt, es ist mal wieder Zeit für einen Neuanfang. Noch im gleichen Jahr reift die Idee eines Restaurants im eigenen Wohnzimmer, ihr fehlt das Kochen, die Gesellschaft von Menschen, Gastgeberin zu sein. Zusammen mit Beckmann-Kollegin Manuela startet sie mit zehn Zufallsgästen am großen Tisch das Abenteuer Social Dining. Um Geld soll es nicht gehen, was übrig bleibt, spenden sie an das „Waldpiraten-Camp“ der Deutschen Kinderkrebsstiftung. Die Esszimmerdinner werden nur durch Mundpropaganda schnell erfolgreich, später berichtet auch die Presse, 28 Gäste sind es irgendwann. Jeden Freitagabend sitzt ganz Hamburg in Monika Fuchs’ Wohnzimmer zusammen, eine bunte Mischung aus Jung­spunden und Lebenserfahrung, Prominenz aus Funk und Fernsehen, Gäste aus Kunst und Kultur.

Der Beginn der Pandemie bedeutet das vorläufige Ende des erfolgreichen Formats. Mithilfe ihres Sohnes Martin geht sie online, es ist die Geburtsstunde von „Monika Fuchs kocht“ und der „Terrassenküche“ auf YouTube. Während des ersten Lockdowns schiebt Sohn Martin den Einkaufskorb für die jeweilige Folge mit einem Besenstiel in den Flur, filmt vom Garten aus seine Mutter, die auf dem Balkon für die Netzgemeinde kocht. Gerade mal zehn Zentimeter breit ist das Balkon-Mäuerchen, ab und an fällt was herunter, für eine fiktive Maus, die Monika Fuchs erfindet. Das Team Martin, Monika und Maus wird zum YouTube-Serien­erfolg. Nach einer ungewöhnlich langen Pause kocht Monika Fuchs mit Wollmütze, die Haare sind aufgrund der Chemo noch nicht gut nachgewachsen, aber die Sendung geht weiter.
Heute ist das alles gelebt und auch überstanden, lebensklug und lebenshungrig. Monika Fuchs strahlt gut gelaunt und alterslos, streicht sich durch die wilden grauen Locken ihrer neuen Kurzhaarfrisur:
„Ich hatte ja vorher so dünne Schnittlauchhaare. Ich sag’ immer: Vielen Dank, das ist meine Krebsfrisur.“, spricht’s mit einer bemerkenswerten Leichtigkeit. An der Tür verabschiedet sie mich herzlich, wie man Freunde verabschiedet. Sie muss dann auch mal weiter jetzt.

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