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Der Rosenflüsterer

JAN D. JANSSEN

Text: Regine Marxen | Fotos: Julia Schwendner

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Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 51

Er hat sie von der Pike auf gelernt, die Kunst der Rosenzucht. Jan D. Janßen kommt schließlich aus einer Familie, in der das Gärtnerhandwerk über mehrere Generationen hinweg gepflegt wird. Die Fokussierung auf die Königin unter den Blumen aber geht auf seine Idee zurück. „Mein Vater hat Schnittblumen für den Hamburger Großmarkt gemacht“, sagt der 52-Jährige. Ein hartes Geschäft mit viel Wettbewerb. Schnell hat Janßen erkannt: Wenn er den 2500 Qua­dratmeter großen Hof in Kirchwerder auch in Zukunft erhalten und wirtschaftlich führen will, muss er sich spezialisieren. „Mehr durch Zufall habe ich auf einem Erdbeerfest einen Blumenstand gemacht und spürte: Märkte und Feste liegen mir. Ich fuhr zu immer mehr Spezialitätenmärkten, fokussierte mich immer stärker auf die Rose und wurde immer mutiger.“ Schließlich stellte er den Betrieb ganz auf die Rosenzucht um. Sein Vater Dieter war von dieser Entwicklung zu Beginn wenig begeistert, zu radikal erschien ihm diese Entscheidung. Heute ist Jan D. Janßen froh, den Schritt trotz dessen Kritik gewagt zu haben. Dieter Janßen auch, er unterstützt seinen Sohn im Betrieb. Rose hin oder her: Der Vierländer Hof ist und bleibt ein Familienbetrieb. 700 verschiedene Rosensorten haben auf dem idyllischen Fleckchen Erde im Süden Hamburgs ihre Heimat. Ja, genau: 700. Das ist kein Tippfehler, sondern Tatsache. Schon von der Straße aus kann man die Vielfalt erahnen, die unter Janßens grünem Daumen prächtig gedeiht. Er selbst nennt sich nicht umsonst Züchter und Sammler. „Mich interessieren Pflanzen spezieller Natur“, sagt er mit norddeutschem Klang. „Hier gibt es Sorten, die man sonst in der EU nicht erhalten kann.“ Aus Japan, Indien oder den USA kommen die stolzen Gewächse. Rund 20 Jahre ist der Rosenkenner um die Welt gereist, die Mission Rose fest im Herzen verwurzelt. Für ihn ist ihre Zucht die Königsdisziplin. Keine Pflanze sei so facettenreich wie sie. „Sie ist unheimlich variantenreich, blüht unermüdlich.“ Nun gut, manchmal sei sie vielleicht auch divenhaft, man müsse sie eben respektvoll behandeln. Um es auf den Punkt zu bringen: „Die Rose ist halt keine Brennnessel.“

2020 war auch für die Familie Janßen kein leichtes Jahr. Dank der Corona-Pandemie fielen die Pflanzen- und Spezialmärkte, die Jan D. Janßen international bereist, größtenteils aus. Die Folge: Umsatzeinbrüche. Kreativität war gefragt. Sie setzten unter anderem auf Themenwochenenden, luden beispielsweise eine Parfümeurin und in die Welt des Rosendufts ein. Die Rose kann eben mehr als hübsch aussehen, es lohnt sich, über den Gartenzaun hinweg zu schauen. Das kann man in Kirchwerder tun: In der Orangerie verkauft Janßen neben allerlei Blumensamentütchen und schmucken Kunsthandwerksartikeln für den eigenen Garten sogar Rosenseifen. Hinter dem gläsernen Häuschen können seine Gäste auf Stühlen im Grünen verweilen. „Eine Gärtnerei kann ein schöner Ort sein, das wissen viele gar nicht mehr. Die meisten Kunden kommen hierher, weil sie das Kauferlebnis genießen.“ Und Janßens Beratung. Natürlich. Die ist schließlich fundiert, der Mann hat in der Rosenszene einen Ruf, der ihm vorauseilt. Beratung ist in diesem Fall sogar unverzichtbar, denn wer weiß schon, welche der 700 Sorten zu einem passt. Vielleicht die „Rosa Nostalgie“, eine echte Jahrhundertzüchtung, wie Janßen betont? Sie hat zudem diese witzige Färbung von Rot auf Weiß. Die „Ebb Tide“ hingegen soll eher einen sperrigen Charakter haben. Aus der Rosensprache übersetzt heißt das: Sie hat keinen harmonischen Wuchs und ist ziemlich wählerisch in ihrer Platzwahl. „Auf sandigem Boden wird sie nichts.“ Vielleicht dann doch lieber die „Vierlandenperle“. Die Strauchrose hat Jan D. Janßen selbst gezüchtet. Sie ist Pink-Rosa und ein echtes Prachtstück. Aber Aussehen ist bekanntlich nicht alles, auch der Rest muss passen. Sonneneinstrahlung, Bodenbeschaffenheit und nicht zuletzt der persönliche Anspruch des Rosenkäufers an das Objekt seiner Begierde. Die sind mitunter durchaus präzise: Nicht selten kommen Kunden mit Fotos in der Hand auf den Hof, auf der Suche nach einer ganz speziellen Rosenblüte. Eine nahezu detektivische Aufgabe, die der Experte mit Ruhe zu lösen weiß. Sein Fundus ist schließlich riesig.

Am schönsten ist es auf dem Vierländer Rosenhof, wenn Janßens Schützlinge zu blühen beginnen. Im Mai ist es so weit, bis in den September reicht die Saison. In diesen Monaten herrscht in Kirchwerder Hochbetrieb. Janßen hat dann allerhand zu tun, auch weil er sich noch um Julius und Felix kümmern muss. Dornen haben die beiden nicht, anspruchsvoll sind sie manchmal trotzdem. Kinder eben. Sieben und neun Jahre alt sind seine beiden Jungs, die Gärtnerei ist ihr Spielplatz. Janßens Freundin Ela packt ebenfalls im Betrieb mit an. Die Floristin teilt Jans Liebe zum Floralen. Gemeinsam planen sie auch 2021 verschiedene Aktionen und Events auf ihrem Hof.

Tradition muss nicht Stillstand bedeuten, und neue Wege abseits der Hauptstraße führen oftmals auch ans Ziel: Jan D. Janßens Spezialisierung auf die Königsdisziplin hat dem Kirchwerder Familienunternehmen Perspektiven eröffnet. Die Aussichten sind rosig. Jetzt gerade ist Blütezeit.

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