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Porträt –

Winkel van Sinkel, Zelda Czok

 

 

AUTORIN: REGINE MARXEN

FOTOS: UTA GLEISER

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Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 42

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Matchmakerin Zelda Czok weiß, wie Traumpaare aussehen. In ihrer Tankstelle vor den Grindelhochhäusern treffen verwegene Kakteen auf rot-braune Tongefäße, Pileas lassen sich in Bad-Hair-Day-Töpfen mit Gesichts-Dekor gehen und Airplants schlagen in gläsernen Kugeln Wurzeln. Die Winkel van Sinkel Plant Station ist ein Urban Jungle auf gerade mal 45 Quadratmetern, der selbst wenig ambitionierte Heimgärtner in seinen Bann zieht.


Im Mai 2018 bezogen Zelda Czok und ihre Pflanzenschar die ehemalige Tankstelle am Grindelberg. Die 39-Jährige eröffnete damit eine Zweigstelle ihres Concept Stores Winkel van Sinkel in der Wexstraße. Dort verkauft Zelda nicht nur Pflanzen, sondern auch Papeterie-Artikel und kleine Accessoires. „Alles, was das Leben schöner macht“, sagt sie. Ein Hauch von Amsterdam liegt in der Luft. Das ist nicht ungewollt, denn Zeldas Mutter stammt aus den Niederlanden, und ihr Herz schlägt für die holländische Hauptstadt. Am Grindelberg hat sich Zelda verstärkt aufs grüne Glück spezialisiert. „Die Nachfrage war einfach da“, sagt sie. „Und der Ort perfekt für dieses Vorhaben. Ich fuhr jeden Morgen an der Tankstelle vorbei, und als ich sah, dass ein Nachmieter gesucht wurde, schlug ich zu. Ich liebe diesen Raum.“


Mit Recht, dieser Ort ist besonders: Das denkmalgeschützte Gebäude aus dem Jahre 1953 sollte die Bewohner der Grindelhochhäuser einst mit Kraftstoff versorgen, ein Sinnbild für den Siegeszug des Automobils in der Großstadt. Nach der Schließung des Tankstellenbetriebs beherbergte der Komplex einen Autohandel und stand anschließend über Jahre leer, bis 2014 ein Fahrradladen aus Eimsbüttel dort einzog. Im selben Zuge sanierte die SAGA mit Unterstützung des Denkmalvereins die Tankstelle – und holte den Glanz der 50er- und 60er-Jahre zurück. Denn zwischenzeitlich hatte ein schäbiger Anbau, ein Rechteckdach auf Pfeilern, das das Kassenhäuschen teilweise überspannte, genau diesen Glanz vollends verdeckt. Heute strahlt das Gebäude in seiner einstigen Form – mit dem weit auskragenden, oval geschwungenen Dach, der üppigen Fensterfront und den Fliesen mit schmückenden Messingelementen in den zwei Innenräumen. 


Pflanzen- statt Kraftstoff 

Lustigerweise ist es gerade die klassische Tankstellenkonstruktion, die das Gebäude perfekt für den Pflanzen-Einzelhandel macht. „Es ist von drei Seiten verglast: Im Grunde ist es ein kleines Gewächshaus“, sagt Zelda. Rund 400 Pflanzen fühlen sich hier sichtlich wohl. Kakteen, Sukkulenten, unterschiedlichste Zimmergewächse. Ausgewählte Accessoires und Töpfe ergänzen das Portfolio. Mit ihrem Store liegt Zelda am Puls der Zeit. Wer auf Instagram den Hashtag #urbanjungle eingibt, taucht ein in sattgrüne und aufwendig in Szene gesetzte Welten. Pflanzen sind in und begehrte Wohngefährtinnen. Und Zelda weiß, wie die perfekte Mitbewohnerin aussehen sollte. „Wir beraten intensiv, denn deine Pflanze muss zu deinem Leben passen. Beispiel: Wenn du viel reist, solltest du keine Pflanze wählen, die täglich gewässert werden möchte.“ Wie im echten Leben: Drum prüfe, wer sich bindet. Wer will schon einen Partner, der einen unter Druck setzt, ständig kränkelt oder zickt. Pflanzen sollen glücklich machen. „Sie reagieren auf uns, begleiten uns“, sagt sie. Ihr eigenes Herz hängt an einer Zimmerlinde. Runde eineinhalb Meter hoch, leider ein bisschen zickig. Trotzdem würde sie sich von ihr niemals trennen. „Ich habe sie schließlich wachsen sehen.“ Zelda mag eben Herausforderungen. 


Beruflich hat die gelernte Einzelhandelskauffrau diese nicht zwingend gesucht. Sie wechselte zwischen kleinen Betrieben und Konzernen, wusste, dass Letztere sie nicht glücklich machen, dass sie gestalten wollte. Aber ein eigenes Geschäft? Zwei Kinder hat sie, Zoe (9) und Cassius (13). Die Familie ist ihr wichtig, Sicherheit und die Nähe zu den Kindern. Selbstständigkeit passte da nicht hinein. Aber ein wenig geflirtet hat sie schon mit der Idee. Aus dem Flirt wurde Realität. Und Winkel van Sinkel ist Zeldas Baby. Ihre Heimat. 
Die Qualität von Beziehungen zeigt sich nun mal auch in der festen Verwurzelung. Das ist so. Bei Pflanzen. Und im Leben.

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