Atlas Restaurant & Kochsalon
SPOTLIGHT PHOENIXHOF
Text: Simone Rickert Fotos: Giovanni Mafrici
Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 48
Das „Atlas“ trägt zwar nicht mythologisch überhöht das gesamte Himmelsgewölbe auf seinen Schultern wie der namensgebende Titan,
aber doch sehr zum Wohlergehen der Menschen aus der näheren Umgebung bei. Für alle hier am Hof mittags „die Kantine“, eher der gehobenen Art. Bei Weltklasse-Wiener-Schnitzel oder unübertroffener Crème brulée halten die Werber, Kaffeeröster und Antiquare ihren nachbarschaftlichen Schwatz, und für Heidemanns und Lanz wird eine kleine Stärkung
direkt ins Studio gebracht. Wie auf jeder guten Party, in der Küche werden die neuesten Nachrichten ausgetauscht. Geht bei der Abendkarte locker so weiter, nur die Gäste kommen von weiter her. Es sitzt sich einfach zu gut unter den Kirschbäumen auf den Terrassen ums Haus, bei einer Flasche Rosé „Leichtigkeit des Seins 2019“.
Rainer Wendt, der Hamburger Gastronom, der es schon mehrfach geschafft hat, aus einem akuten Lebensgefühl ein Restaurant zu machen (zuletzt „Der erdbeerfressende Drache“), hat das „Atlas“-Konzept 1997 ersonnen. Eigentlich mitgebracht von einer Reise nach Los Angeles: lockerer Lifestyle plus gehobene Küche, samt Namen so originalgetreu übersetzt, dass Jahre später ein Gast zum seit 2003 Mit-Geschäftsführer Karsten Rüdiger an den Tresen kam und meinte: „Impossible, the same thing as in L.A.“ Küchenchef Martin Franciskowsky ist von Beginn an dabei. Vorher war er lange bei Josef Viehhauser, daher der ganz leicht österreichische Einschlag in der Küche, ab Herbst herauszuschmecken in den wilden Schmortöpfen.
Nach und nach kamen drei Kochsalons dazu, über den Hof verteilt, im Größten können 120
Gäste kochen und speisen. Tapas, Sushi, Pasta,
Fisch, 3-Gänge-Menüs – bei Firmen beliebt.
Familienfeiern, gemütlich im kleinen Kreis gleich Wand an Wand mit dem Restaurant, im
alten Kontor. Ehemals war das Gebäude Fischräucherei, deshalb steht es ein wenig abseits
der großen Fabrikhalle, zwischendurch Autowerkstatt. Aus der Zeit stammt auch die alte Arbeitsplatte, dekorativ hängend an der hinteren Wand im Speiseraum. Von Gästen wird Karsten oft nach dem Schöpfer des abstrakten Kunstwerks gefragt. Unbekannt. Aber immer eine gute Geschichte – nach der guten Küche vielleicht das Zweitwichtigste hier im Haus.