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Der Fernsehmacher

SPOTLIGHT PHOENIXHOF

Text: Simone Rickert Fotos: Giovanni Mafrici

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Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 48

Traut man diesem Mann zu, dass er Sänger in einer Punk-Band war? Totenkopfring am Finger,
T-Shirt, blütenweiße Sneaker – dazu der eine oder andere Oldtimer: Geschäftsmann mit Haltung und Background. Das Revival-Konzert der „Dreisten Diebe“ letztes Jahr im „Indra“ war wohl ihr bestes. Ansonsten steht Markus geschäftlich wie privat lieber im Hintergrund, lenkt den Schlitten, meidet rote Teppiche, hasst Small Talk und gibt extrem selten Interviews.
Er ist Journalist aus Überzeugung. Vor 30 Jahren
kam er nach dem Volontariat in Wetter-Herdecke nach Hamburg zur „Bild am Sonntag“. Harald Schmidt hat ihn von da zum Fernsehen geholt. Mit Johannes B. Kerner hat er 1997 die erste eigene Talkshow aufgebaut und 2004 die Produktionsfirma Fernsehmacher gegründet. Formate entwickeln, das ist sein Ding. So hat er mit Kerner auch das Kochen im Fernsehen „verbrochen“. Inzwischen heißt es „Küchenschlacht“, hat gut 1,6 Millionen Zuschauer.
Kerner ging – in Freundschaft, es war einfach ein Senderwechsel – Markus Lanz kam. Die beiden Markusse sind von der Rothenbaumchaussee auf den Phoenixhof gezogen. Vom Büro aus sieht man aufs Studiodach, früher Lagerhalle
für Filmrequisiten. Den Weg laufen sie an
Drehtagen zigmal. Heidemanns bereitet die Lanz-Sendung mit 20 Redakteuren vor. Themen setzen, die richtigen Gäste zusammenstellen und vor allem, sehr gründlich recherchieren: „Würden wir das alles nur schnell, schnell machen, wäre das nicht schon so lange so gut.“ Ein Top-Team. Markus bereitet Markus die Bahn. Der Moderator muss sie abfahren. Wie seinerzeit
der Hackl Schorsch geht er vorher in Gedanken den Eiskanal durch: Wie steuere ich die nächste
Kurve an, fahr’ ich hoch, bremse ich ab? Die
Gäste dürfen ihre Meinung ausführen, nicht nur
drei Minuten Stehsätze abfeuern. Dann bohrt Lanz nach, fragt, was er sich morgens beim
Laufen zurechtgelegt hat, manchmal so charmant, dass ein Politiker sich unbedarft verplappert, und zwar ganz groß. Dann zu hoffen, dass das netterweise rausgeschnitten wird, ist müßig. Gesagt, gesendet – so läuft das hier. Markus zitiert Rudi Carrell, der sich akribisch mit Humor und Timing beschäftigte, bevor er lässig einen Gag raustat: „Wenn du ein Ass aus dem Ärmel ziehen willst, musst du vorher eins reingesteckt haben.“

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