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Harrys Hafenbasar

SPOTLIGHT SANDTORHAFEN

Text: Andrea Hacke | Fotos: Julia Schwendner

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Diesen Artikel finden Sie in Ausgabe 69

von der Wand glotzen dicke Augen aus grimmigen gesichtern, Tanzstäbe stehen bereit zum Erwecken der Götter, von draußen quietschen unheilvoll die Taue – und plötzlich erscheint es im Hafenbasar im Bauch dieses alten Schiffskrans durchaus vorstellbar, dass gleich ein Holzkopf von der Decke seine Zunge rausstreckt oder sich ein uralter Fluch über den Besucher legt. In 33 Kammern stehen, liegen, hängen hier etwa 150.000 Unikate aus anderen Welten. Weitere 150.000 harren in einem Lager aus.

Wie viele genau, ist unklar. Niemand ist so verrückt, hier eine Inventur zu machen. Alle Stücke kamen auf dem Seeweg nach Hamburg: ausgestopfte Tiere, Masken, Galionsfiguren, Voodoo-Puppen, sogar Schrumpfköpfe – die Heldenbeweise afrikanischer Krieger, die den Kopf eines getöteten Gegners früher schrumpften und mumifizierten. Vieles hier ist längst nicht mehr en vogue und deshalb oder aufgrund der Einzigartigkeit unverkäuflich (alle Stücke mit rotem Punkt). Es sind Zeugnisse einer Zeit, als Seefahrer in weit entfernten Häfen Ware tauschten, um möglichst Exotisches mit nach Hause zu bringen. Bei Harry konnten die Hamburger diese ab 1954 bestaunen und sich gruseln. „Völlig unnötig“, sagt Caro Uhde, die die Schätze heute, nach diversen Besitzern und sieben Umzügen, verwaltet und zu fast jedem Stück die Geschichte dahinter kennt.

„Das sind ja Schutzfiguren. Die gucken so, um das Böse zu verschrecken. Also: je fieser, desto besser.“ Sie selbst bekommt zwischen den Fratzen „ein unendliches Gefühl der Ruhe“, wohnt auch mit zwei von ihnen zusammen. Ihr Lieblingsstück im Museum ist ein Krokodilschädel, den sie im Lager in einer Kiste fand, auf der stand: „alte Bettwäsche“. Immer wieder tauscht sie hier Stücke aus, schleppt antike Vitrinen an zur besseren Präsentation. Eigentlich Grafikerin ist sie hier Ticketverkäuferin, Geschichtsprofi und Bob der Baumeister in einem. Wer in den Basar will, sollte ihr einfach eine Mail schicken. Mit Glück treffen Sie vor Ort Seefahrer, die auch mit 90 noch vorbeikommen und gucken, ob ihre Mitbringsel noch da sind.

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