Spotlight –
Deichstraße
AUTORIN: SIMONE RICKERT
FOTOS: GIOVANNI MAFRICI
Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 42
Im Haus der Bretagne zelebriert man die französische Lebensart an der Waterkant. Hintenraus die Terrasse am Fleet, vorn die kleine Boutique mit Ringelshirts und Baskenmützen und mittendrin die Crêperie. Begrüßt wird man von der charmanten Patronne Bettina Kleemiß mit einem schwungvollen „Bonjour“. Geboren als Norddeutsche, doch den französischen Esprit hat sie sich makellos angeeignet. Nach der Schule ist sie sofort Richtung Frankreich gezogen, mit Zwischenhalt in Saarbrücken – wo sie Hervé Kerourédan traf, ebenfalls im Norddeutschen aufgewachsen, aber ein echter Franzose, Bretone, um genau zu sein. Sein Vater kam als Professor nach Hamburg, wollte eigentlich einen Juristen, am besten im EU-Parlament, aus seinem Sohn machen.
Doch Hervé hat zusammen mit Bettina eine vielleicht viel wichtigere Rolle in der Völkerverständigung übernommen: Sie haben uns Hamburgern einen Ort gegeben, an dem das Savoir-vivre nur ein paar Schritte von Büros, Kanzleien und Kontoren entfernt liegt.
„Europa und die deutsch-französischen Beziehungen können nur funktionieren, wenn die Menschen sich nahe sind und sich kennen“, davon ist -Hervé überzeugt. Und Bettina wirft ein: „Nebenbei verkaufen wir dann Crêpe und Galette.“
Der Anfang war nicht leicht. Als sie vor über 20 Jahren das Haus in der Deichstraße auf ihrer Erkundungsfahrt im Citroën entdeckt und angemietet haben, gab es noch den Freihafen, hier war quasi Sackgasse. Das Haus runtergewohnt von einem Amüsierlokal, das ihnen keine gute Adresse und einen schwierigen Ruf beim Gesundheitsamt hinterließ. Aber Hervé ist doch ein bisschen Politiker. Er überzeugte mit seinem Konzept des Kulturhauses plus Res-taurant nicht nur die Behörden, sondern nach und nach auch die Gäste, die feststellten, dass Crêpes hier viel besser schmecken als das flache Zeug mit Nutella auf dem Dom. Bettina und Hervé haben sich durchgebissen. Die ersten Jahre waren hart, doch sie haben es geschafft, die Deichstraße zu beleben. Ein Laden nach dem anderen kam nach. „Wir waren sehr stur, wir machen eine typisch bretonische Crêperie“, gibt Bettina zu. Keine Quiche, kein Steak frites. Mittlerweile kommt schon die zweite Generation Stammkunden, mit ihren Kindern.