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Christoph Wöhlke

GESCHÄFTSFÜHRER VOON BUDNIKOWSKI

Text: Regine Marxen Foto: Julia Schwendner

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Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 48

„Was ist die Asche, was das Feuer? Das müssen Sie entscheiden, wenn Sie ein Familienunternehmen erfolgreich in die Zukunft führen wollen.“ Christoph Wöhlkes Blick ist konzentriert, seine Körperhaltung entspannt. Wir sitzen an seinem Besprechungstisch in seinem Büro in der Wandsbeker Budni-Zentrale. Die Wand hinter seinem Schreibtisch ziert eine riesige Krake. Weiße Tentakel auf schwarzem Grund. Ansonsten: feuerfester Teppich unter den Füßen, dunkle Büroräume. Kein schicker Prachtbau, kein Design-Office. „Unsere Visitenkarte sind unsere Filialen“, sagt er entschieden. Eine Stunde hat er sich heute Zeit genommen für das Interview, der nächste Gesprächspartner steht schon in den Startlöchern. Die Corona-Pandemie hat auch die Drogeriekette Budni vor neue Herausforderungen gestellt und für einen Haufen Mehrarbeit gesorgt. Zeit zu meckern? Nein. Im Gegenteil. „Eine große Lernkurve für Unternehmen“, sagt der 42-Jährige, der seit 2012 als Budni-Co-Geschäftsführer agiert. Ende 2019 ist seine Schwester Julia aus der Unternehmensführung ausgestiegen. Jetzt leitet er gemeinsam mit seinem Vater und Carsten Neumann die Geschicke des beinahe 110 Jahre alten Familienkonzerns. „Wir haben die Notwendigkeiten, Dinge zu verändern. Jeder Mitarbeiter hat das verstanden: Die Situation ist da, wir müssen sie lösen. Gemeinsam. Alle verstehen und teilen dieses gleiche Ziel. Das hat eine unheimliche Energie.“
Aber kommen wir zurück zur Asche und dem Feuer. Was meint er damit? „Dass viele Familienunternehmen die Zukunft als Verlängerung der Vergangenheit sehen. Aber es geht nicht um die Bewahrung der Asche, sondern um die Weitergabe des Feuers. Es heißt, dass man nicht den sehr klassischen, tradierten und konservativen Weg geht, sondern sich stets wandelt.“ Christoph Wöhlke verkörpert genau das: den Wandel. Den Unternehmer mit lässigem Haarknoten und lockerer Street-Style-Klamotte sieht man auf Fotos mit Fahrrad an der Alster oder auch mal mit Longboard unter den turnschuhbekleideten Füßen, während er in dazugehörigen Artikeln über die Digitalisierung spricht. Modern, aufgeschlossen, geerdet. Wöhlke zuckt die Schultern, ist weder geschmeichelt noch genervt. Menschen suchten die Verortung, sagt er. „Ich passe in ein paar Stereotypen nicht herein, und schon fällt man auf. Aber immerhin ist es eine sympathische Schublade, in der ich mich da befinde.“ Er lächelt. Schubladen sind eigentlich nicht sein Ding, das Leben ist komplexer. Das hat ihn sein Job gelehrt. Denn was Budni in der Hansestadt so erfolgreich macht, ist die hyperlokale Ausprägung in den Filialen. Budni auf Pauli geht anders als in Wandsbek oder in Eimsbüttel. Und selbst innerhalb der Hood wechselt das Angebot der Filialen. „Jeder hat eine Schublade für die Stadtteile, aber zu glauben, man kenne deshalb das Quartier, das wäre arrogant.“
Bei Budni (eigentlich Iwan Budnikowsky GmbH, aber Pardon, in Hamburg sagt das keiner) setzt man deshalb auf maximale Eigenverantwortung der Mitarbeiter vor Ort. „Die wissen, was in der Nachbarschaft geht. Damit das Prinzip Eigenverantwortung funktioniert, muss man Mitarbeitern auf Augenhöhe begegnen und sie wertschätzen. Und sich eben nicht mit Statussymbolen abgrenzen.“ Aber mal ehrlich, das gehört sich in Hamburg sowieso nicht. Hier trägt man Dinge nicht nach außen. Wöhlke ist Teil einer alteingesessenen Hamburger Kaufmannsfamilie, er ist in Marmstorf im Bezirk Harburg aufgewachsen, lebt heute auf der Uhlenhorst. Da steckt viel Hanseatentum in ihm. Aber man merkt, für den Geschäftsführer ist das mehr. Es ist Lebenseinstellung, gesunder Menschenverstand, Respekt, Demut. Das wurde ihm in die Wiege gelegt; er hat schon als Kind in den Filialen mit angepackt. „Menschen sind uns wichtig. Das gilt für Kunden und für unsere fast 2000 Mitarbeiter.“
185 Budni-Filialen gibt es in Hamburg, in Berlin zwei. Hier wollen Wöhlke und sein Team expandieren. Der Markt will es so, das Unternehmen muss wachsen. „Eine ganz andere Grasnarbe. Wir müssen verstehen, wie die Nachbarschaft dort tickt.“ Berlin als Stadt ist herausfordernd. „Aber man wird Unternehmer, um etwas zu unternehmen.“ Und wie steht es mit der Unternehmensnachfolge und seinen eigenen Kindern? Ganz einfach: abwarten. „Es gibt viele Konstellationen, wie Familienbetriebe heute geführt werden können. Da müssen Sie nicht zwangsläufig ein Familienmitglied in der Geschäftsführung haben.“ Die Uhr tickt. Die Stunde ist fast um. „Sie müssen den Wandel mitdenken“, sagt er abschließend. „Abzuwarten und zu hoffen, dass sich nichts ändert, das ist auf jeden Fall der falsche Plan.“

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