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Katie Freudenschuss

SACHENSAGERIN

Preisgekrönte Musikerin, Kabarettistin, Improvisateurin. Über ihren Namen hat sich Katie Freudenschuss schon so manchen Scherz anhören müssen. Dabei ist klar, die besten Witze macht immer noch sie selbst

Text: Regine Marxen | Fotos: Fotos: Anne de Wolff

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Sachensagerin hat sie sich genannt, damals als sie mit ihrem ersten eigenen Programm „Bis Hollywood is eh zu weit“ die Bühne als Solo­künstlerin eroberte. Denn Katie Freudenschuss mag keine Schubladen. Sie passt auch in keine hinein. „Machst du jetzt Comedy oder Kabarett, hat man mich gefragt. Das hat mich genervt. Also bezeichnete ich mich als Sachensagerin“, erklärt sie. So richtig stimmt auch das nicht. Katie Freudenschuss sagt nicht nur Dinge, sie singt, spielt Piano, interagiert mit dem Publikum.

Sie ist schlagfertig und hat das große Talent, ihre Gedanken fix in Worte und Songs verpacken zu können, immer der Frage nach dem Warum auf der Spur. Warum tun Menschen, was sie tun, so seltsam es auch manchmal ist? Was treibt uns alle an? Humorvoll, charmant und stilsicher kann man sie neuerdings auch als Conférencière im Hansa-Theater erleben. Kabarett, Comedy, Musik, Improvisation und Moderation: Diese unterhaltsame wie gehaltvolle Mischung hat ihr 2022 den Deutschen Kleinkunstpreis in der Kategorie Musik eingebracht. Er zählt zu den bedeutendsten Auszeichnungen in der Kabarettszene, neben ihr erhielt im selben Jahr eine Größe wie Josef Hader den Preis. Für Katie Freudenschuss war das eine Riesenehre und eine Bestätigung, weiterzumachen nach zwei harten Coronajahren, in denen sie sich selbst zu fragen begann, wie relevant Kunst und Theater eigentlich seien. Aktuell tourt sie mit ihrem dritten Bühnenprogramm „Nichts bleibt wie es wird“. Es geht um Zeit und Veränderung, unter anderem. Große Sanduhren sind auf der Bühne verteilt, und mit dem beständigen Rieseln der feinen Sandkörner schreitet auch der Theaterabend voran. Ein Gefühl von Endlichkeit schwebt über dem Ganzen. Für Katie Freudenschuss ist das übrigens ein tröstender Gedanke, er hilft ihr gegen allzu starkes Lampenfieber.

„Es sind nur zwei Stunden, die gehen sowieso vorüber, ob ich auf der Bühne stehe oder nicht. Und wenn ich danach die Bühne verlasse, wird niemand deswegen gestorben sein. Es ist nur Theater.“ Nur Theater. So salopp, wie sie das sagt, ist es natürlich nicht gemeint. Es steckt viel Herz in ihren Projekten, und der Weg zum Erfolg war kurvenreich. Katie alias Katja Freudenschuss – ja, sie heißt wirklich so – brach 1999 ihr Lehramtsstudium in Gießen ab, um in Hamburg den Popkurs an der Hochschule für Musik und Theater zu absolvieren. Dieser war für viele Musikschaffende ein Sprungbrett. Judith Holofernes, Peter Fox oder Tim Fischer haben hier studiert. Auch Katie Freudenschuss baute sich hier ein Netzwerk auf – und sammelte Erfahrungen. Einige bringen sie heute noch zum Lächeln. Sie sang seltsame Werbetracks und andere dubiose Songs in komischen Studios ein und ließ sich in die Musikerkartei des Arbeitsamts aufnehmen. Dafür musste sie damals live im Amt im Beisein eines Beamten in einem Raum mit Instrumenten ihr Können am Piano demonstrieren. Eine skurrile Situation, die ihr ein Engagement mit einem „windigen Alleinunterhalter“ einbrachte. Aber die Dinge entwickelten sich.

Sie wurde Teil der Improvisationstheatergruppe hidden shakespeare, schrieb eigene Songs, war in den unterschiedlichsten Formationen zu sehen. 2014 schließlich debütierte sie mit ihrem Soloprogramm „Bis Hollywood is eh zu weit“. Einer ihrer ersten Auftritte war in ihrem Heimatort Wetzlar. Wahnsinnig aufgeregt sei sie gewesen. „Meine Oma, eigentlich eher Florian-Silbereisen-Publikum, saß in der ersten Reihe und sagte danach zu mir: ,Katja, das war mal was anderes.‘ Sie ließ mich etwas ratlos zurück mit diesem Kompliment.“ Das war der Anfang einer neuen Station in der Karriere der Katie Freudenschuss – die irgendwie auch aus Pragmatismus geboren wurde. „Ich liebe die wie auch immer geartete, gelungene Zusammenarbeit mit Leuten auf der Bühne, ob nun mit einem Ensemble, im Duo oder in anderen Konstellationen, wie zum Beispiel mit Gerburg Jahnke, mit der ich bis heute regelmäßig zusammen spiele.“ Eigentlich sei das fast spannender, als allein aufzutreten. „Aber allein kann ich ohne großes finanzielles Risiko touren. Ich kann alles einfach allein umsetzen, ohne viele Umstände allein zu den Auftritten fahren.“
Katie Freudenschuss’ Tourroute ist eine bunte Mischung. Mosbach, Gaggenau, Oberhausen, Frankfurt am Main, Wolfsburg, Berlin, Münster, Hamburg sind nur einige wenige Orte, die sie mit ihrem aktuellen Programm bereist. Sie ist viel unterwegs auf Deutschlands Straßen, tritt im TV, Radio, auf kleinen und großen Bühnen auf. Das sind eine Menge Fahrerei und viele Nächte in den unterschiedlichsten Herbergen, mal schöner, auch mal weniger schön. Letztere nennt sie liebevoll „Salzteighotels“.

Es sind Orte, wo man hereinkommt, eigenartige Deko­artikel entdeckt und Frühstück um 9.30 Uhr beendet ist. Seit 2015 reist Katie nicht mehr allein, ihr Hund Käpt’n begleitet sie. Der begeistere sich für jede Deko, eine Freude, die ansteckt. Käpt’n ist ein – mobiler – Anker in ihrem Leben. Der andere ist Hamburg, die Stadt, aus der sie nie wieder wegziehen möchte. Warum auch. Bis Hollywood is’ eh zu weit, und Hamburg hat, was andere Städte nicht haben: die Elbe. Und Katie Freudenschuss.

Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 59

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