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Philipp Westermeyer

OMR

Vom Ruhrpott-Jungen zum Onlinemarketing-Rockstar: Philipp Westermeyer hat mit OMR eine der größten Veranstaltungen für digitales Marketing in Europa gegründet. Über einen, der dem Lauf des Geldes folgt – weil er so die Welt versteht. Wie tickt der Unternehmer? Woher kommt der Erfolg?

Text: Regine Marxen | Fotos: Jan Northoff

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„Moneyball“ ist einer seiner Lieblingsfilme. Es geht um Baseball Analytics, Brad Pitt spielt den Trainer Billy Beane, der aus einem kleinen Team ein erfolgreiches macht. Eine Portion Coolness trifft auf Innovation und Business, also alles, was Philipp Westermeyer interessiert. Geld ist ihm wichtig. Weil es ihm hilft, die Welt zu verstehen. Follow the money, und du begreifst die Mechanismen, die Menschen antreiben. „Ich bin einfach wirtschaftlich neugierig“, sagt er. Diese Neugier ist sein Treibstoff.

Aufgewachsen ist er in Essen. Seine Mutter war Lehrerin, sein Vater Unternehmer, allerdings mit schwankendem Erfolg. „Materiellen Mangel hatten wir nicht, aber die finanzielle Situation war eben nicht immer stabil.“ Mit dem roten Teppich ist Westermeyer also nicht ins Leben gestartet, dennoch führte ihn sein Weg mit gerade einmal 19 Jahren direkt nach New York. Vier Jahre hat er dort gelebt, studiert, Praktika gemacht. Das hat ihn geprägt. „Die anderen Studenten kamen oft aus wohlhabenden Familien und hatten schon viel von der Welt gesehen. Und ich war eben der Typ aus Essen.“ „If I can make it there, I’ll make it anywhere“, sang Sinatra. Stimmt, wer es in New York schafft, schafft es auch in Hamburg. Dort wurde 2003 die Hamburg Media School (HMS) gegründet, und Westermeyer zog aus den USA an die Elbe, um hier seinen Master zu machen. Hamburger Hip-Hop wurde gerade groß, in der Hansestadt traf sich die Medienszene aus ganz Deutschland. Ein ideales Ökosystem für den jungen Westermeyer. Er wurde Vorstandsassistent bei Gruner + Jahr, gründete mit Partnern zwei Digitalvermarkter und verkaufte sie wieder. 2011 fand das erste Online Marketing Rockstars Festival statt – mit 150 Gästen. OMR blieb, es entwickelte sich prächtig. 2024 besuchten 67.000 Menschen das Event. Woher kommt dieser Erfolg?
Entscheidend war laut Westermeyer der Wechsel vom Konferenz- zum Messeformat. Damit wurde die OMR zu einem Marktplatz, auf dem nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Geschäfte gemacht werden. Und das mit viel Tamtam. Popkultur und Entertainment sind fester Bestandteil der Veranstaltung.

Kim Kardashian, Quentin Tarantino, Rick Rubin, Deichkind, Ashton Kutcher – sie alle waren schon da. Der Glamour hat seinen Preis. Fast 26 Millionen Euro ließ sich die Muttergesellschaft OMR 2022 die Auftritte der Stars, die Miete der Veranstaltungsräume, die Technik und Podcastproduktionen kosten. Laut Geschäftsbericht im Handelsregister betrug der Umsatz im selben Jahr 56 Millionen Euro.
Das OMR-Festival und die damit zusammenhängenden Produkte und digitale Geschäftsfelder machen den Löwenanteil der Umsätze aus. Dennoch ist OMR längst mehr als Messe und Party. Offiziell heißt das Unternehmen Ramp 106, beschäftigt heute rund 350 Mitarbeiter, bietet Podcasts und Fortbildungsformate an und hat eine Software-Bewertungsplattform aufgebaut. Das Ding läuft – Westermeyer hat aus einem kleinen Team ein ziemlich erfolgreiches gemacht.

Er denkt gern groß – und hoch. Zusammen mit Home United und der Hamburg Messe und Congress hat Ramp 106 den Telemichel (offiziell Heinrich-Hertz-Turm, aber so nennt ihn keiner) gepachtet. Der sollte eigentlich schon 2023 fertig saniert und bezugsfertig sein, doch Bauprojekte haben bekanntlich ihre eigene Zeitrechnung. Irgendwann, wenn die Betreiberin Telekom das Go gibt, wird sich also in 130 Metern Höhe im 14. und 15. Stockwerk eine vermutlich hippe OMR-Location befinden. Doch das ist Zukunftsmusik, bleiben wir auf dem Boden der Tatsachen. Denn das tut auch Philipp Westermeyer. Erfolg hin oder her, in ihm steckt immer noch eine gehörige Portion „Typ aus Essen“, seine Herkunft, sagt er, könne man nie ganz abschütteln.
Seine Eltern und seinen Bruder besucht er noch oft.

Auch viele Freunde aus seinem damaligen Fußballverein leben noch im Pott. Daran denkt er gern zurück, an seine aktive Zeit als Kicker im Verein. Der Umzug nach New York beendete diese Station seines Lebens früh. „Ich hätte gern noch ein wenig länger gespielt.“ Zu Hause fühlt er sich jetzt in Hamburg. Hier hat er eine Familie gegründet. Drei Kinder, alle unter zehn Jahre alt. Über sein Privatleben erfährt man nicht viel von ihm, wobei der Job ist irgendwie auch er selbst. Der Privat- und der Geschäftsmann Philipp Westermeyer lassen sich schwer voneinander trennen. Warum auch, er liebt, was er tut, und denkt in Geschäftsmodellen und Marken. Langweilig wird ihm nie, denn das Marketinggeschäft ist schnelllebig, und KI hat dem Ganzen noch einmal einen Turbo verpasst. In den Schlachthöfen in der Schanze ist man nah dran an den digitalen Themen dieser Zeit – Philipp Westermeyer ist mittendrin. Sweatshirt, Cap, Turnschuhe, Typ sportlich-lässiger Start-up-Manager, umgeben von jungen Talenten. Das passt alles prima zusammen. Noch.

Irgendwann kommt sie, die Frage nach dem Alter. Er ist erst Mitte 40, aber „Popkultur spielt eine Rolle im Marketing, es gibt wenige Leute, die mit 70 oder 80 Jahren die absoluten Überflieger sind“. Mit Ausnahmen. Werbelegende Jean-Remy von Matt zum Beispiel macht mit 72 Jahren den Wahlkampf für die Grünen, und ein Karsten Jahnke zeigt mit über 80 Jahren, dass das Konzert- und Veranstaltungsgeschäft kein Abenteuer nur für Jungspunde ist. Westermeyer könnte einer von diesen Überfliegern sein, aber wer weiß, welches Business ihn in 15 Jahren reizt. Wohl auch deshalb möchte er OMR in der Außenwirkung sukzessive von seiner Person lösen und weitere Köpfe etablieren. Viele Pläne, eines bleibt: der Standort. „Hamburg hat mich unglaublich nach vorn gebracht. Ich habe der Stadt einfach viel zu verdanken.“

Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 66

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