Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 34
In schwarzen Absatzschuhen klackert Angelika, erste Geigerin von Salut Salon, über die Thalia-Bühne. Es ist kurz vor fünf: Probenzeit. Wenn die Schauspieler im Urlaub sind, übernimmt die Kammermusik. Flackernder
Kamin, distinguierte Hörer und etwas Staub in der Luft. Könnte man denken. Doch dann erscheinen vier Ladys in kurzen Röcken und hauen Melodien so virtuos aus ihren Instrumenten heraus, dass einem Hören und Sehen auf gar keinen Fall vergehen will. Zumindest für zwei Stunden nicht.
Salut Salon führt alles, was die klassische Kammermusik bis dato zur Rentner- und Nerdveranstaltung machte, ad absurdum.
Zu Klängen von „Das Boot“ und „Der weiße Hai“ entstehen auf der Bühne Unterwasserwelten, beim energiegeladenen Künstlerwettstreit pfeffert
Geigerin Iris ihr Haar ins Gesicht von Cellistin Sonja, während Anne wahnwitzige Verrenkungen am Klavier vollführt, ohne auch nur einen Ton danebenzulangen. Mit komödiantischem Schauspiel, Mimik und Hälserecken erzählen die vier ganze Geschichten, füllen Konzerthallen nicht nur hier: Durch Asien und die USA ging es schon. 2016 gab es in Deutschland dafür den größten Preis, den man als Musiker bekommen kann: den Echo. In der Kategorie „Klassik ohne Grenzen“. Wie passend.
Wer herumkrittelt, was an dem ganzen Theater denn klassisch sei, den lachen Angelika und Iris beherzt aus. Eines der Markenzeichen von Salut Salon: „Wir sind eigentlich totale Fischköppe, lachen nur immer total laut“, sagt Angelika. „Uns wurde schon gesagt, dass das sehr untypisch für Norddeutsche sei“, fügt Iris hinzu – beide Gründerinnen der Idee, die ihnen ganz klassisch durch Salon-Treffen in Eppendorf kam. „Ich hatte nie vor,
mit Musik mein Geld zu verdienen“, platzt es dann aus Angelika heraus, sie, die mit sechs Jahren wegen ihrer musikalischen Begabung von der Schulpflicht befreit wurde. Auch Iris ist eigentlich Rechtsanwältin, Angelika promoviert gerade in Jugendstrafrecht. Aus Spaß!
Den haben auch die Nicht-ganz-Hamburgerinnen Sonja und Anne, seit 2008 beide Teil der Kombo. Sonja aus Tübingen studierte bereits in Hamburg, wurde hier „sozialisiert“, schwimme daher gern mal in offenen Gewässern, wie sie erzählt. Anne aus Pinneberg (was man in Hamburg nicht sagen dürfe) wohnt nun beim Museumshafen an der Elbe. Trotz des Welterfolgs: Dreh- und Angelpunkt sind seit zehn Jahren Hamburg und das Thalia. Inklusive die Bar Nachtasyl für lange Abende, „oder der Nachthafen“, sagt Sonja. Anne ergänzt: „Da waren wir früher immer auf einen Absacker.“ Um neue Ideen auszutüfteln, unter Frauen. Denn die einzigen Männer im Ensemble sind die zwei Jungs, die Iris und Anne 2016 zur Welt brachten. Nicht von ungefähr trägt das Programm 2017 den Titel „Liebe“. Mit Musik aus „Roméo et Juliette“, ganz klassisch. Bis es Salut Salon spielen.