top of page

Ortsporträt – Portugiesenviertel

 

 

AUTORIN: SIMONE RICKERT  

FOTOS: FRANK SIEMERS

Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 34

» MAGAZIN BESTELLEN

Am schönsten ist es hier an einem frühen Sommerabend, wenn alle Restaurants die Stühle und Tische auf die schmalen Gehwege gestellt haben, und die Menschenin den letzten Sonnenstrahlen sitzen, die von Westen die Ditmar-Koel-Straße der Länge nach bescheinen, schwatzen, gegrillten Fisch verspeisen und sich fühlen, wie im Urlaub. Aber auch an einem grauen Morgen im Februar, wenn das Nebelhorn auf der Elbe melancholisch tutet, die Möwen besonders laut kreischen, der Milchkaffee, Galão sagt man hier, und der sahnige Pudding im Pastel de Nata angenehm die Seele wärmen. Oder an den letzten Wochenenden im November, wenn die Straße voll ist mit vorweihnachtlich beschwingten Familien, die sich auf den Basaren der skandinavischen Seemannskirchen mit Rentiergulasch und Glögg gestärkt haben. Und an jedem Tag dazwischen ist es ebenso schön, weil hier Menschen aus halb Europa zusammenleben, wie in einem kleinen Dorf. Seinen heutigen Namen trägt das Viertel zwischen Hafen und Michel, das eigentlich eher eine Dreiecksform hat, noch gar nicht so lange. Die ersten portugiesischen Juden kamen zwar schon im 16. Jahrhundert als Flüchtlinge nach Hamburg. Doch namensgebend wurde Portugal erst in den 1960er-Jahren, als Tausende Gastarbeiter sich hier niederließen. Sie waren im nahen Hafen beschäftigt, der Wohnraum war günstig. Und der eine oder andere machte ein Restaurant auf, damit die Landsleute in der neuen Heimat wenigstens speisen konnten, wie bei Muttern. Echt portugiesische Küche, mit Eintopf und Piri-Piri-Huhn, gibt’s heute nur noch in wenigen der zig Restaurants. Die guten findet man abseits der Ditmar-Koel-Straße: wie das Churrascaria O Frango, wo Mama Fernanda die Küche schmeißt und der Rest der Familie für den herzlichen Service sorgt. Die Gastronomie war hier schon immer – neben Kleingewerbe und Schifffahrt – ein Wirtschaftsfaktor. Zahlreiche Hafenkneipen versorgten Arbeiter und Seeleute, die an den Landungsbrücken ankamen. Man nannte diese Gegend daher auch schlicht „Die Küste“.


Die letzte Kneipe dieser Art führt das vielleicht schönste
Paar des Quartiers in der Rambachstraße: Heidi und
Antonio. Sie haben den Laden übernommen, als Antonio in Rente ging und noch keine Lust zum Aufhören hatte. Das deutsch-portugiesische Paar feiert dieses Jahr Goldene Hochzeit, ist also fast so lange verheiratet, wie das Viertel seinen Namen trägt. Kennengelernt haben sie sich beim Tanz, im Zillertal auf dem Kiez. Heidi meint, sie hätten „den Rekord geschlagen: verliebt, verlobt, verheiratet und ein Kind nach neun Monaten“. Ihr Sohn Renato steht auch hinter der Theke, schenkt eigens importierten Vinho Verde aus. 2,40 das Glas,
ein Astra für 1,70. „Ist eine alte Kneipe, alles ist alt, auch die Preise – und wir sind auch alt“, lacht Antonio und steckt sich gemütlich eine Zigarette an. Die komplette Reportage lesen Sie in unserer Ausgabe Frühjahr 2017.

bottom of page