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Annette Rufeger

SPOTLIGHT MARKTSTRASSE

Text: Simone Rickert | Fotos: Julia Schwendner

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Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 60

Handgezeichnete Entwürfe, analoges Moodboard, um sich in Stimmung zu bringen, Farbmuster liegen im hinteren Teil des schönen Ladengeschäfts – die Kundinnen lieben diese Art von Slow Fashion. „Diese Phase der Inspiration, der Kreation, ist immer nur ein ganz kleiner Teil der Arbeit“, Annette sammelt das ganze Jahr Ideen, schreibt auf, zeichnet und irgendwann „muss man es halt ausspucken“, lacht sie. Highlight und Krönung der Mühe ist das Fotoshooting vor dem Debüt jeder Kollektion: Ihr Mann Andreas Tobaben fotografiert ihre Lookbooks, seitdem sie sich kennen.

Jede Saison ist neu. Am Anfang stehen ihre Entwürfe, nach denen Anne Brüchert, ihre Schnittdirektrice seit 15 Jahren, Muster aus Nessel anfertigt, oft fünf bis zum perfekten Musterteil. Natürlich hat Annette Schnitte, von denen sie weiß, dass sie gut sitzen, damit kann sie weiterarbeiten. Doch es sind immer wieder andere Stoffe, die sich am Körper neu verhalten, anders sitzen und fallen. Das erste Modell aus dem echten Material wird in der Hamburger Schneiderei von Djafer Selmani genäht. Mit ihm arbeitet sie schon über 20 Jahre zusammen. Die größeren Stückzahlen, wobei das ja immer noch kleine Serien sind, fertigt eine Produktionsstätte in Stettin, die Präzision der Schneiderinnen dort ist unfehlbar.

Inspiration findet sie beim befreundeten Stoffhändler-Ehepaar: Jede Kollektion hat Statement-Pieces, das kann winters ein Alpaka-Blouson sein, in diesem Sommer sind es die knallfarbenen Schurwoll-Anzüge in Gelb, tiefem Orange und Blau. Drei Jahre schlich sie um die Stoffe herum, dieses Jahr gab ihr Innerstes das Go: „Es ist soweit, und wenn schon, denn schon uni mit passenden Shirts.“ Dafür war Hamburg vielleicht genau jetzt erst reif: Die Teile laufen super. Im Büro braucht frau heute keinen Anzug mehr, der hat eine andere Bedeutung gewonnen, „pure Schönheit“. Ihre Designs basieren auf Workwear, in ihrem Modedesign-Studium entdeckte sie das Foto-Buch „Menschen des 20. Jahrhunderts“ von August Sander. Ihre Kleidungsstücke entwirft sie nie für Anlässe, alle können im täglichen Leben mithalten. Party? Abendgarderobe? Geht wunderbar, quasi nur durch das Ambiente verwandelt sich das Outfit, dazu zwei Accessoires – fertig.

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