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Hamburger Wollfabrik

SPOTLIGHT BRANDSHOFER DEICH

Text: Simone Rickert | Fotos: Giovanni Mafrici

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Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 62

Angora, Kaschmir, Schurwolle, bis unter die Decke Garne in allen, wirklich allen möglichen Qualitäten und Farben. Wer zum ersten Mal den Verkaufsraum der Wollfabrik betritt, ist leicht überfordert, selbst wenn man sich bisher für eine halbwegs professionelle Strick-Amateurin gehalten hatte. Es eilt eine von Darias netten Mitarbeiterinnen zu Hilfe. Kein Laden wie jeder andere, in der riesigen Halle darf man sich sein Garn individuell selbst zusammenstellen. Im halbfertigen Stadium kauft die Wollfabrik die Garne aus italienischen (die machen das einfach am besten) Spinnereien: einfädig, also noch sehr dünn, gewickelt auf konischen Papprollen. Wie dick soll der Pulli also werden, welche Nadelstärke, vielleicht gemischt aus zwei Fäden Alpaka und ein Schimmer Seide? Wie wird das aussehen? Daria häkelt zum Zeigen eine Luftmaschenkette mit den Fingern so eben mal nebenbei und erzählt, wie sie als Schülerin für einen Benefiz-Basar Wolle ihres Vaters verkauft hat. Ein Foto davon steht auf Herrn Nikkhah-Nejads Schreibtisch im Kontor nebenan. Mit über 80 Jahren kommt er regelmäßig ins Büro, doch die Leitung hat er schon vor Jahren übertragen: „Mädchen, mach mal!“

Mit 20 hat sie angefangen, ihr war immer klar, sie will das Unternehmen weiterführen. Über dem Laden stehen auf zwei Stockwerken Fach- und Knäuelmaschinen, Dämpfer für Produktionsaufträge von Händlern und Strickereien, und dort ist das eigentliche Wolllager. Daria kauft en gros, das ermöglicht Preise, die locker unter dem üblichen 50-Gramm-Preis liegen.

Nach der Auswahl geht dann alles superschnell: Die Spulmaschine rattert im verglasten Nebenraum in fünf Minuten das Ergebnis aus drei Fäden zusammen. Zwei Besonderheiten: Gespult wird wieder auf eine Kone, so viel Garn, wie benötigt wird – kann man in einem durchstricken, kippt nicht um, kein Anknoten, vertüdelt nicht. Lieben die Leute! Zweitens: Das Garn wird gefacht, die Fäden parallel zueinander durch den Fadenführer gezogen. Natürliche Fasern „brechen“ nach dem Waschen noch auf, der Faden kriegt mehr Volumen. Einem handelsüblich gezwirnten Garn ist quasi die Luft abgedreht, diese gefachten Garne haben Platz, um sich zu entfalten. „Das wird richtig schön weich“, Daria träumt sogar von Wolle.

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