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Saliba

SPOTLIGHT MELLIN PASSAGE

Text: Simone Rickert, Fotos: Giovanni Mafrici

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Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 49

1860 eröffnete hier im ersten Stock die erste „Vegetarische Gaststätte“ Hamburgs, lange beliebt, obwohl ihrer Zeit weit voraus. Hanna Saliba empfindet es als Glück, an diesem prominenten Ort in deren Fußstapfen zu treten. Auf dem Gemüse liegt in seiner Küche kein extra Schwerpunkt, es sind einfach die Rezepte seines Heimatlandes, dazu Lamm, Garnelen, Merguez. „Vor fünf Jahren haben alle über vegetarische Gerichte geredet, heute vegan – den Begriff kannte ich gar nicht“, lacht er. Roh oder einfach ist aber nicht sein Ding. Dazu kann man beim Kochen viel zu herrliche Geschmacksnuancen entfalten! Die frischen Kräuter wuchsen zu Hause im Garten, die Gewürze fanden ihren Eingang in die syrische Küche über die Seidenstraße. Aufgewachsen ist er in der Küstenstadt Latakia, mit neun Geschwistern, seine Mutter brachte trotzdem jeden Abend mindestens sechs Mazza auf den Tisch.
Mit 19 Jahren ist er nach Hamburg gekommen, um Nautik zu studieren, Kapitän auf großer Fahrt wurde er. Seiner verstorbenen Frau Bea­trix zuliebe blieb er ab 1984 an Land und wurde erfolgreicher Gastronom. 19 Jahre hat es gedauert, bis er zum ersten Mal wieder in seine Heimat gereist ist und sich spontan verliebt hat: in ihre Leute, ihre Fröhlichkeit, die bunte Mischung aus Ethnien und Religionen – alle friedlich miteinander lebend. Wie sollte es anders kommen – er hat mit ihnen gekocht: sich von Nonnen im Kloster Thekla aufnehmen lassen, er bereiste das Zweistromland, erntete Kartoffeln und Baumwolle. Die Mädchen, die er auf der Straße spielen sah, hatten blaue Augen und dunkle Haare, eines war blond, eines zahnlos, einige trugen Schleier, andere nicht. Sie stammten von Griechen und Pharaonen ab, die Welt war zu Gast in diesem Land – und dann kam der Krieg. Die tiefe weiche Stimme von Hanna Saliba wird traurig, wenn er davon erzählt. Man soll es ihm eigentlich nicht anmerken, aber es nimmt ihn sehr mit, was das Regime dort angerichtet hat. Viele seiner Geschwister wohnen noch dort. 2010 hatte er sein wirklich prachtvolles Hotel in Damaskus eingeweiht: „Beiti Beitak – Mein Haus ist dein Haus“ heißt es, es sollte seinen Hamburger Freunden seine Heimat zeigen. Heute ist es geschlossen, aber erhalten, und wartet auf bessere Zeiten.

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