Schmidtchen
SPOTLIGHT KLUBHAUS ST. PAULI
Text: Simone Rickert | Fotos: Jan Northoff
Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 58
Die Familie etablierten 1988 neben anderen Corny Littmann und Norbert Aust. Corny steht mit 70 natürlich noch selbst auf der Bühne, derzeit passenderweise als Familienoberhaupt im Musical „Die Königs schenken nach“ (mit und von Heiko Wohlgemuth, siehe S. 104), ist sowieso immer präsent mit neuen Ideen, sei es in seinem „Arbeitszimmer“ in der Hausbar am Fenstertisch, der „ständig reserviert“ ist. Norbert (80) ist ja bekanntlich Präses der Handelskammer und hat das operative Geschäft der Theater in die guten Hände von Tochter Tessa Aust und Schwiegersohn Hannes Vater, Ehemann von Tessas jüngerer Schwester, übergeben. Aber wie die Muppet-Opas Waldorf und Statler sitzen die beiden doch in jeder Vorstellung – als Puppets in der einzigen Loge des Schmidtchen.
Nur Hausherr Henning Mehrtens hat mehr Shows live gesehen, nämlich genau alle bis auf zwei seit Gründung des Schmidtchen am 6. Juni 2015. Er hat während seiner Schauspiel-Ausbildung in der Oelkersallee in die Schmidt-Familie reingeschnuppert. Sein erster Job 2001 im Saaldienst vom Schmidt Theater beinhaltete auch das Auf- und Zuziehen des Bühnenvorhangs. Den gerade zugezogen, stand da eines Tages Corny vor ihm, Umkleidepause, nur in Unterhose, und meinte gewohnt nasal und auf den Punkt: „Junge, dreh mal die Lüftung runter. Wenn wir uns hier alle erkälten, zahlst du morgen den Ausfall der Show.“ Das war also der Typ, der hier das Sagen hatte, mit Sympathie und Humor große Verantwortung übertrug.
Henning gefiel’s, und er gab sich hin in die Arme dieser zugegeben etwas verrückten Familie, arbeitetet sich hoch übers Kellnern zum Saalchef, gewisse „Rampensau-Qualitäten“, Zitat Henning, konnte er nicht verbergen. Seit Eröffnung sorgt er als Hausherr vom Schmidtchen für das Wohl aller, die hier einkehren. Auf und hinter der Bühne, er bucht die rund 50 Gastkünstler pro Jahr und kümmert sich um die vielen Haus-Produktionen: Musicals, Kindertheater (die Schmidt-Familie hat den Kiez auch für junge Besucher salonfähig gemacht), moderiert den „Poetry Schlamassel“ und die publikums-interaktive Show „Movie Crasher“. Vor der Bühne begrüßt Henning das Publikum, kitzelt schon mal die Stimmung wach, natürlich singend: „Wie schön, dass Sie uns heute hier beehren …“