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Spotlight – Hafenstraße

St. Pauli Kirche

AUTORIN: SIMONE RICKERT   

FOTOS: JULIA SCHWENDNER

Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 36

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Hamburgs wilde Ecke war schon immer hier. Vor den Stadttoren, zwischen Altona und der Innenstadt. Die St. Pauli Kirche war, neben dem Pesthof, so ziemlich das erste, was es hier gab. 1683 zunächst als Fachwerkbau errichtet, die Filiale von St. Michaelis für alle, die man in der Stadt nicht gern hatte: die Kranken, Verarmten, die stinkenden Tranbrenner, die Verrückten. Sieghard Wilm ist seit fünfzehn Jahren Pastor dieser besonderen Gemeinde. Mit einem Lächeln stellt er fest: „Wir sind hier der älteste Club. Viele kommen und gehen – die Kirche bleibt.“ Und bewirkt schon mal Wunder. Keine ätherischen, sondern ganz handfeste. „Die Situation hat sich uns so beschert.“ Pastor Wilm meint das Jahr 2013, als er gut 300 Flüchtlinge aufnahm, die über Lampedusa nach Europa gelangt waren. Die Menschen waren in Italien einfach auf die Straße gesetzt worden, mit den Worten, sie sollten nach Norden wandern. So erzählten es ihm die, die ohne Schutz in den Grünanlagen der Umgebung lebten und von Kirche zu Kirche gingen, um Hilfe bittend. Hier wurde ihnen die Tür geöffnet. Ohne Plan, ohne Konzept, ohne die Unterstützung des Senats – eine rein humanitäre Aktion. Der Funke sprang auf andere Stadtteile über, das „Wunder von St. Pauli“ half der Stadt, die Situation zu deeskalieren, als in den folgenden Jahren noch weit mehr Menschen unsere Hilfe brauchten. Viele „seiner“ Flüchtlinge arbeiten heute in Hamburg, zum Beispiel im Flugzeugbau, einige sind weitergezogen, wie Agyei, der ist jetzt Krabbenfischer auf Föhr. Der damals auf dem Kirchhof gegründete FC Lampedusa spielt heute unter den Fittichen des FC St. Pauli und hat schon eine Reihe Pokale eingeheimst, die in der Kirche auf einem hohen Türsims stehen. Der Park Fiction vor seiner Tür gefällt ihm am besten im Winter bei Regen, wenn nicht Junggesellenabschiede aus Hamburgs Vorstädten fünf verschiedene Musikanlagen aufdrehen. Ganz wichtig ist dem Pastor, dass diese wilde Ecke ein angstfreier Raum bleibt, dass eine stabile gastronomische Szene ein Umfeld schafft, in dem sich Leute wohl fühlen. Sonst geht auch keiner zur Kirche. Und er freut sich schon auf die nächsten neun Nachbarn: „Gott sei Dank macht der Pudel Club Ende des Jahres wieder auf, dann gibt es nur noch einen Beat.“ Die komplette Reportage lesen Sie in unserer Ausgabe Herbst 2017.

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